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Diese Frage stellt sich/man mir ab und an. Ob mehr oder weniger wohlmeinende Außenstehende (Ihr wollt doch genau das Gegenteil von „denen“), Leute aus den eigenen Reihen, die mit den Halbnackten bei einem Christopher-Street-Day-Umzug nichts anfangen können, und schlussendlich „die“ Halbnackten selbst, die erstmal glauben, dass man ihnen das Vögeln verbieten will… irgendwer findet immer, dass AVEN auf so einer Pride-Veranstaltung nichts verloren hat.
Ich gehöre offensichtlich nicht dazu. Tatsächlich finde ich die Schnittmenge relativ hoch:
Ich will gerne Sex haben, mit wem ich will, und wenn das niemand ist: So what?
Des weiteren möchte ich nicht auf den Sex reduziert werden, den ich habe, oder auch nicht habe.
Ich will auch nicht, dass Eltern sich fragen, was sie nur falsch gemacht haben, wenn ihr Kind sich als asexuell outet.
Ich will, dass mir geglaubt wird, wenn ich mich oute, und dass ich nicht lang und breit erklären muss, als was ich mich gerade geoutet habe. (Letzteres ist übrigens der Grund, warum ich mich so selten oute. Catch 22.)
Ich will keine Vorstellungsposts im AVEN-Forum mehr lesen, wo jemand erzählt, dass si_e_r geweint hat, als sie das Forum fanden.
Ich hätte gern mehr offen asexuelle Figuren in Büchern, Filmen und anderen Medien. Des weiteren wäre es schick, wenn auch Aromanties allein glücklich werden könnten.
Übrigens musste man sich in meiner Jugend schon als 17-jährige Jungfrau egal welchen Geschlechts wie ein Alien fühlen, weil solche Menschen irgendwie nie in den Medien vorkamen, die ich konsumierte, und wenn doch, dann als jemand, mit dem man Mitleid haben musste. Ich habe keine Ahnung, wie es derzeit aussieht, wenn also jemand Jüngeres was beizutragen hat: bitte kommentieren.
Die Reaktioen egal auf welche sexuelle Minderheit sind sich manchmal erschreckend ähnlich. Und daher finde ich mich auf einem CSD bislang ziemlich gut aufgehoben.
„Übrigens musste man sich in meiner Jugend schon als 17-jährige Jungfrau egal welchen Geschlechts wie ein Alien fühlen, weil solche Menschen irgendwie nie in den Medien vorkamen, die ich konsumierte, und wenn doch, dann als jemand, mit dem man Mitleid haben musste. Ich habe keine Ahnung, wie es derzeit aussieht, wenn also jemand Jüngeres was beizutragen hat: bitte kommentieren.“
Ging mir genauso und ich war 2010 17 Jahre alt 🙂
Hmhm. Einmal die Bravo zu lesen war in der Hinsicht einmal zu viel …
Um noch eine weitere jüngere Perspektive reinzubringen: Ich war 17 im Jahre 2013/2014. Und ich weiß nicht ganz genau, ob meine Antwort hier so ganz hilfreich sein wird, weil ehrlich gesagt war ich schon immer irgendwie anders war? Irgendwie habe ich schon immer in vielen Kategorien nicht so ganz der Norm entsprochen und war dadurch etwas Außenseiter. Im negativen Sinne – aber auch im positiven Sinne in dem ich eigentlich jede „Regel“ die da so gesellschaftlich gelten soll ein wenig kritisch hinterfragt und nicht gleich für mich als geltend genommen habe. Dementsprechend stand ich mit 17 dem noch keinen Sex gehabt haben und so jetzt nicht total positiv, aber auch nicht so negativ gegenüber.
Und wo ich gerade wegen dem hier drüber nachdenke: Ich glaube mich dunkel zu erinnern, dass ich mal in der Bravo – die ich aber zugegebenermaßen nur sporadisch gelesen habe – einen Artikel gelesen habe in dem mehrere „ältere“ (also immerhin waren sie über 20, was gemessen an der Teenagerleserschaft ja ganz gut ist) Mädchen gesagt haben warum sie noch keinen Sex hatten. Und während das ja schon zeigt, dass das als was Besonderes angesehen wurde, war der Artikel an sich doch in einem sehr positiven jede-wann-sie-will Licht geschrieben. Kann mich aber leider nicht an ein passendes Pendant für die männliche Seite erinnern.
Und ein persönliches Erlebnis von etwas später, was ich da noch beisteuern kann: Ich hab mal in einem Vereinsjugendvorstand in dem ich bin (also 14- bis 26-jährige mit denen ich nur sehr locker, aber in freundschaftlicher Weise verbandelt bin) eine direkte Anfrage, ob ich noch Jungfrau sei, bestätigt. Für mich hat sich das irgendwie wie keine große Sache angefühlt. Und ich hab das Gefühl, die anderen im Raum haben das schon als deutlich ungewöhnlichere Sache empfunden als ich – aber es hat sich auch niemand in besonderer Weise oder negativ darüber geäußert. Und die Person die gefragt hat, hat auch nur gemeint, sie wollte nur mal wissen.
Also mein Fazit daraus: Ich denke der häufigere jede_r-wann-sie/xier/er-will-Tenor führt schon zu etwas Änderung/Lockerung im Denken.
Und von mir noch als Extras warum Ace-Pride wichtig ist:
Den Begriff Asexualität (etc.) und eine Community die über das Thema diskutiert zu entdecken ist irgendwie mega-wichtig, um so richtig eigene Zukunftspläne und -modelle starten zu können. Weil zumindest einige Zeit scheint man noch so in dem Denken drinzuhängen, dass irgendwann schon der Prinz oder ne andere Heldenfigur auftaucht und man dann in das ganze normale Zeug schon reinrutscht. Je eher man weiß, dass das nicht kommt und nicht sein muss, desto eher kann man seine persönlichen Vorstellungen von Beziehungen und Zukunft entdecken und verwirklichen.
Ich denke Sichtbarkeit von Asexualität ist wichtig, um die Diskussionskultur rund um Sexualität allgemein und für Ace-spezifische Themen mehr anzustoßen. Ein Thema wäre da zum Beispiel consent. Dieser Post: https://asexualagenda.wordpress.com/2015/01/11/mapping-the-grey-area-of-sexual-experience-consent-compulsory-sexuality-and-sex-normativity/ [Englisch] hat da zum Beispiel zu viel Nachdenken bei mir geführt. Vor alllem darüber, dass man in unserer Kultur anscheinend Gründe für ein „Nein“ aber nicht für ein „Ja“ braucht, was ja irgendwo für mehr als nur Asexies scheiße ist.
Hui. Ich muss gestehen, dass ich erstmal selbst nachlesen musste, was ich hier vor fünf Jahren so geschrieben habe. Den Großteil der Meinungen würde ich so stehen lassen. Das mit dem Outen läuft mittlerweile so, dass ich einfach davon ausgehe, dass Leute wissen, dass ich nicht hetero bin, und daher das auch bei entsprechender Gelegenheit erwähne.
Ansonsten: Freut mich, dass es mittlerweile ein bisschen relaxter ist als damals. Aber weshalb man sich verteidigen muss, wenn man keinen Sex hat, das bleibt noch zu klären. Eine kluge Antwort darauf habe ich nicht, nur die Beobachtung, dass es so ist.