Schlagwörter
Asexualität, Freundschaft, Liebe, Vorurteile, Wortklaubereien
Diese Woche war Valentinstag. Gewöhnlich geht dieser Feiertag eher spurlos an mir vorüber – er ist meines Erachtens so ein überflüssiger Import aus dem englischsprachigen Raum, und da ich Dauersingle bin, habe ich am 14. Februar eh nix zu feiern.
Ich gehöre aber auch nicht zu denen, die damit Probleme haben. Wer zu diesem Anlass Geld ausgeben will, soll es ruhig tun, solange mir keiner mit irgendwelchen Fragen zu meinem Privatleben oder mit so einer Mitleidstour kommt, weil ich ja furchtbar unglücklich sein muss, als Alleinstehende.
Von all dem wurde ich dieses Jahr und auch früher verschont. Dennoch hat mich etwas nachdenklich gemacht: ein kurzer Beitrag in SWR3, wo es um Unterschiede zwischen den USA und hier ging, und dass dort auch Freunde manchmal was bekommen, es also kein reiner Pärchentag ist.
In diesem Zusammenhang sprach die Moderatorin so selbstverständlich von Freundschaft und Liebe als zwei unterschiedlichen Dingen, dass es mir irgendwie aufstieß.
Ich verstehe, was sie meinte: Freundschaft ist, außer für WTF-Romantiker und andere davon Verwirrte, zu unterscheiden von einer romantischen Beziehung, und laut des populären Narrativs nicht so wichtig. Was dann diejenigen Geschiedenen in den Arsch beißt, die merken, dass sie kein Netzwerk mehr haben.
Das mit der Wichtigkeit muss ich hinnehmen, auch wenn ich es nicht so richtig verstehe. (Auch deswegen Grauromantisch: ich weiß, wie sich Verliebtsein anfühlt, aber ich würde dafür niemals alles stehen und liegen lassen.)
Ich bin mir auch sicher, dass genau dieses Gegensatzpaar von Freundschaft und Romantik gemeint war, nur gesagt wurde eben was anderes. Aber die meisten Leute scheinen es zu verstehen und als selbstverständlich hinzunehmen. Was mich irgendwie traurig macht für alle anderen Leute, die auch „nur“ Freunde sind… auch wir werden verlassen, verraten, vernachlässigt… alles im Namen der Liebe, oder eher der Verliebtheit.
Das kann ganz schön wehtun.
Im Gegensatz zu vielen Anderen sehe ich den Valentinstag gar nicht so kommerziell oder kritisch, eigentlich finde ich die Idee ganz nett, ich hab nur deswegen ein Problem damit, weil ich an diesem Tag allgemein „leer“ ausgehe und natürlich regelmäßig auf mein „Defizit“ hingewiesen werde. Und dann überall die Herzchen, Liebesschwüre, Turteltauben, DAS frustet mich dann natürlich. Den Ansatz aber auch die Singlefreunde zu berücksichtigen oder mal ein Dankeskärtle schreiben finde ich wieder eine sehr schöne Idee. Das fände ich auch unabhängig vom 14. Februar mal eine wirklich nette Geste !!!
„Das mit der Wichtigkeit muss ich hinnehmen, auch wenn ich es nicht so richtig verstehe.“
Hm. Ich verstehe den Punkt: Ich, also (irgend)eine Person auf dem aro und_oder ace Spektrum (oder Person, die egal warum keine romantische Beziehung hat und will), muss hinnehmen, dass Menschen, die romantich lieben, ihre romantische Beziehung (meist) sehr wichtig ist. Ich kann und darf keinem Menschen vorschreiben, wie they_sie_er eigene Beziehungen empfindet oder damit umgeht. Auch wenn das gerade für aro und auch ace (Spektrum) Personen bzw. Personen, die keine romantische Beziehung haben (und wollen) sehr verletzend sein kann, wenn sie durch diese Priorität als Freund*innen vernachlässigt werden.
Aber was heißt dann „hinnehmen“? Es mag etwas utopisch klingen und auch nicht für alle (ohne zu große Schwierigkeiten) möglich sein: Aber warum nicht sich mit Leuten auszutauschen und Freund*innenschaften oder queerplatonische Beziehungen haben, die etwas Ähnliches wollen, ähnlich fühlen, vielleicht selbst aro und_oder ace sind? Das ist für mich weder ein „direktes“ „Hinnehmen“ noch eine Grenzüberschreitung anderer. Oder mensch versucht, das Thema mit Freund*innen offen zu diskutieren. Nicht alle Menschen in romantischen Beziehungen, die diese auch wollen, wollen ja zwangsläufig d* Partner*in über alles stellen. Vielleicht sind sie sogar unzufrieden damit und hatten bisher einfach noch nicht die Möglichkeit gesehen, es anders zu machen. Sehr utopisch, das zu tun und Erfolg damit zu haben, ich weiß.
Falls eins übrigens nach einer besseren Beschäftigung für den Valentinstag sucht: In manchen Städten gibt es an dem Tag den Tanz-Flashmob „One billion rising“. Es findet glaube ich weltweit statt und richtet sich gegen (häusliche, sexualisierte ?!) Gewalt gegen Frauen (was natürlich auch auf z.B. Nonbinäre ausgeweitet werden kann bzw. sollte und natürlich für alle, die häusliche bzw. sexualisierte Gewalt erlebt haben/ erleben, unterstützend sein kann/ könnte).
Finde diesen Blog klasse, danke! 🙂
Ui. Das ist sieben Jahre her, ich wusste gar nicht mehr, dass ich diesen Beitrag geschrieben hatte … Kommunikation ist die Lösung für fast alles, der Mensch muss bloß genug Mut dafür aufbringen.
Und ja, One Billion Rising ist auf jeden Fall eine produktive Variante, selbigen Tag zu verbringen.